Schlacht bei Murten

Schlacht bei Murten

22. Juni 1476 (Burgunderkriege Planta, Grandson, Murten, Nancy)

Ausgang: Sieg der Eidgenossenschaft

Patriot.ch: Die Schlacht bei Murten finden wir sehr identitätsstiftend für die Schweiz. Fast noch mehr als Sempach. Bei Murten kämpften auch Berner und Zürcher, nicht nur die Innerschweizer. Zudem war das Murtener Heer etwa acht mal grösser (24’000 Mann).

Rund zwei Jahrhunderte sind seit den ersten Bünden der Eidgenossenschaft vergangen und der Burgunderkönig Karl der Kühne rüstet 1476 zum Krieg gegen die Eidgenossen. Mit den Eidgenossen verbündet sind die oberrheinischen und elsässichen Städte, sowie die Habsburger. Obwohl lange verfeindet, wandten sich die Habsburger den Eidgenossen zu, um dem erstarkenden burgundischen Einfluss am Oberrhein entgegentreten zu können. Die Eidgenossen, insbesondere die Berner, mussten ihrerseits den Rücken frei haben für Eroberungen in Richtung Savoyen. Somit war das Bündnis mit Habsburg eine wichtige Absicherung für die bernische Expansionspolitik. Mit diesem geschichtsträchtigen Bündnis – der «Ewigen Richtung» – endete die zweihundertjährige Feindschaft zwischen Habsburg und den Eidgenossen. Was war nun geschehen? Karl der Kühne, der Herzog von Burgund, war damals der reichste Fürst Europas. Eingekeilt zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Frankreich, strebte der ehrgezige Fürst ein Reich von der Nordsee bis zum Mittelmeer an. Diesem Vorhaben standen selbstredend die Interessen vieler Parteien entgegen. Dazu gehörten der französische König, der deutsche Kaiser, die elsässischen und oberrheinischen Städte, später auch die Habsburger und eben auch die Berner und ihre Eidgenossen. Die oberrheinischen Städte, Habsburg und die Eidgenossen schlossen ein Bündnis gegen Burgund, um sich im Kriegsfall gegenseitig militärisch zu unterstützen. Zwei Jahre vor der Schlacht bei Murten, 1474, richteten aufständische Elsässer den burgundischen Vogt hin, woraufhin Karl der Kühne seine Truppen gegen die Aufständischen entsandte. Damit war der Bündnisfall eingetreten und die Eidgenossen erklärten Karl dem Kühnen den Krieg. In der Schlacht bei Hérincourt besiegten das Bündnis aus Städten, Habsburgern und Eidgenossen erstmals die burgundischen Truppen. Ermutigt durch die Schwäche der Burgunder, besetzten die Berner im Jahr darauf waadtländische Städte und eroberten unter anderem Grandson und Murten.

Karl der Kühne war durch diese Niederlage keineswegs entmutigt. Er sammelte innert den nächsten drei Monaten erneut ein Heer, dieses Mal in Lausanne, und marschierte damit gegen Bern. Auf dem Marsch dorthin belagerte er das Städtchen Murten, das von den Berner erfolgreich gehalten werden konnte. Die burgundische Artillerie konnte die Stadtmauer jedoch soweit zerstören, dass ein Sturmangriff am 18. Juni nur mit Müh und Not von den Bernern abgewehrt werden konnte. Die Stadt war nur noch wenige Tage zu halten.

In der Zwischenzeit sammelten die Eidgenossen und ihre Verbündeten bei Ulmiz eine 24ˈ000 Mann starke Streitmacht um Karl von Osten her anzugreifen. Die Vorhut bestand aus Büchsen- und Armbrustsschützen, Langspiessträgern, sowie der Reiterei. Letztere wurde von den habsburgischen und elsässischen Verbündeten gestellt. Die Hauptmacht bestand aus der Infanterie, die aus Langspiessenträgern und Halbartieren zusammengesetzt war. Die vordersten Reihen der Langspiessträger rekrutierten sich aus den erfahrensten und kaltblütigsten Männern. Wegen der Gefährlichkeit ihrer Aufgabe, standen sie bei der Truppe in hohem Ansehen. Um den Angriffen der feindlichen Fernwaffen standhalten zu können, waren sie von Kopf bis Fuss gepanzert. Da ihre Spiesse mit rund fünf Metern den kürzeren Lanzen der feindlichen Reiterei überlegen waren, mussten diese Krieger in erster Linie der Wucht des gegnerischen Reiterangriffs standhalten. Gegen diesen Aufprall wappneten sie sich, in dem die Spiesse am hinteren Ende in den Boden gerammt wurden. In der Mitte des Harstes marschierten die Halbartiere, die mit einer rund zwei Meter langen Hellebarde bewaffent waren. Mit dieser Waffe konnte sowohl gestochen wie gehauen und je nach Ausführung auch gehakt werden. Auf Grund dieser Funktionalität war die Hellebarde seit dem Spätmittelalter die Hauptbewaffnung der eidgenössischen Infanterie. Zudem führten viele Krieger einen Schweizerdolch am Gürtel, der es im Kampfgeschehen auch ermöglichte, den Feind im unmittelbaren Nahkampf niederzumachen. Diese zweischneidigen Kurzwaffe mit ihrem gebauchten Griffstück, finden wir in der Geschichte immer wieder als Erkennungszeichen eidgenössischer Kriegsleute.

Gebet der Eidgenossen vor der Schlacht bei Murten, Gemälde von Auguste Bachelin (1930-1890), 1869, Schweizer Privatbesitz

Der Angriff eines eidgenössischen Heeres war durch ausserordentliche Brutalität und Aggressivität gekennzeichnet. Im Blutrausch wurde niemand mit dem Leben geschont, der sich seinem Angriff entgegenstellte. Das sollten die Burgunder bald erfahren. Der Kern des eidgenössiche Heeres bestand aus kampferprobten Kriegern, die ihr Handwerk bereits in fremden Kriegsdiensten erlernt hatten. Es handelte sich also grösstenteils nicht um Milizen oder gar Hirten, sondern um erfahrene Kämpfer.

Von den 22ˈ000 Burgundern gehörten nur rund 13ˈ000 zur kämpfenden Truppe, wovon der grösste Teil 5700 Bogenschützen stellten, davon wiederum 900 gefürchtete englische Langbogenschützen. Zudem eine kleinere Abteilung Artillerie (den Grossteil davon hatte Karl bei Grandson zurücklassen müssen). Die Infanterie mit ihren Pikenieren stellte 5100 Mann. Die 2100 Mann starke Reiterei war ebenfalls fester Bestandteil des burgundischen Heeres. Somit war die burgundische Streitmacht nur etwas mehr als die Hälfte so gross wie jene der Eidgenossen, befand sich jedoch in einer taktisch günstigeren Verteidigungslage.

Auf Befehl Karl des Kühnen gliederten sich die burgundischen Truppen östlich von Murten wie folgt zur Abwehr: Auf der linken Flanke die Artillerie, angelehnt an ein bewachsenes Tobel (der sg. «Burggraben»); rechts davon hinter einer befestigten Hecke (der sg. «Grünhag») die Hauptmacht mit den Bogenschützen und den Pikenieren; auf der rechten Flanke die Reiterei. Karlˈs Plan bestand darin, die Eidgenossen am Grünhag auflaufen zu lassen und sie anschliessend von links mit der Artillerie zu beschiessen und mit der Kavallerie von rechts flankierend anzugreifen. Vom 18. Juni an liess Karl seine Truppen jeden Tag in Schlachtordnung antreten, da er jederzeit den Angriff der Eidgenossen erwartete. Der strömende Regen und das nicht Eintreffen des Feindes demoralisierte die Burgunder und Karl liess seine Truppen für den 22. Juni nicht mehr antreten. Am frühen Morgen desselben Tages gelangten 2000 Mann aus Zürich unter Hans Waldmann zu den Eidgenossen, sie waren bei Starkregen im Gewaltmarsch drei Tage Richtung Ulmiz marschiert. Die eidgenössischen Verbündeten Bernˈs realisierten erst spät, dass der Angriff der Burgunder nicht Bern galt, sondern der ganzen Eidgenossenschaft. Dementsprechend waren einige Kontingente erst einige Stunden vor der Schlacht eingetroffen.

Gegen Mittag des 22. Juni hatte der Regen aufgehört und die ersten Sonnenstrahlen spiegelten sich an den Waffen und Rüstungen der Kriegerschar. Der 22. Juni ist der Tag der zehntausend Ritter und der Thebäischen Legion, die von den Eidgenossen als Nationalheilige verehrt wurden. Vor den Augen des Feindes wurde nun kniend um den Beistand des Herrn und der Heiligen gebeten. Mit dem Vertrauen in die Allmacht Gottes marschierte daraufhin die ersten Abteilungen in Richtung der Burgunder. Der Grünhag war an diesem Tag nur mit rund 2000 Burgundern besetzt. Als ein Bote das Herannahen des Feindes meldete, blieb Karl der Kühne stur bei seinem Entschluss, die Truppen nicht in Schlachtordnung antreten zu lassen. Ein folgenschwerer Fehler. Die Vorhut der Eidgenossen erreichte daraufhin den Grünhag, traf aber auf erbitterten Widerstand der Burgunder. Durch den kühnen Vorstoss einiger Krieger über den Burggraben, konnte die burgundische Artillerie in der Flanke gefasst werden. Zur selben Zeit durchbrach auch die eidgenössische Hauptmacht den Grünhag und stiess in Richtung Hauptquartiert der Burgunder vor, welches zwei Kilometer westlich auf der Anhöhe «Bois de Domingue» lag. Die alarmierten burgundischen Truppen wurden nun von ihren Offizieren in den Kampf geworfen, jedoch kam diese Massnahme bereits zu spät. In einer Zangenbewegung schnitt die Reiterei der Habsburger und Elsässer den Burgundern den Fluchtweg südwestlich vor Murten ab, Karl und einige Ritter konnte jedoch rechtzeitig fliehen. Seine eingekesselten Truppen wurden von den Eidgenossen gnadenlos niedergemacht. Ein zweites Mal sollten die Burgunder nicht mehr entkommen. Es darf auf Grund der Opferzahlen bezweifelt werden, dass es noch zu einem geordneten Kampf kam, da in dieser Schlacht 10ˈ000 bis 12ˈ000 Burgunder den Tod fanden, wohingegen die Verluste der Eidgenossen bei ca. 400 Mann lagen. Die meisten davon werden am Grünhag gefallen sein. Im darauf folgenden Jahr, 1477, vernichteten die Eidgenossen und ihre Verbündeten die Burgunder bei Nancy endgültig, wobei auch Karl der Kühne den Tod fand. Nach seinem Tod und dem Zerfall seines Reiches, führte der Streit um die burgundischen Ländereien zum Erbfolgekrieg zwischen dem französischen König und Habsburg, der bis 1493 andauerte.

Die Siege in den Burgunderkriegen wiederhallten in ganz Europa und erhöhten das bereits vorhande Prestige der eidgenössischen Krieger in Europa. Obschon in früherer Zeit Schweizer Krieger im Sold von europäischen Herrschern gestanden hatten, war nach den Burgunderkriegen ihre Tapferkeit und Kampfkraft umso mehr gefragt. Diese Tradition sollte rund fünfhundert Jahre bestand haben, bis sie vom schweizerischen Bundesstaat aus ideologisch motivierten Gründen verboten wurde.

Als territoriale Folge dehnte sich der eidgenössiche Einflussbereich nach Westen aus. Die Städte Solothurn und Freiburg wurden in den Bund der Eidgenossenschaft aufgenommen und das Waadtland kam rund siebzig Jahre später endgültig unter bernische Kontrolle.

wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Murten

TV-Spot 1476 (Langversion)

1476 – Schlachtrede von Bundesrat Ueli Maurer

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